Tägliches Schreiben als Termin im Kalender? Niemals!

Das war jahrelang meine Reaktion. Ich war nämlich felsenfest davon überzeugt, dass ich nur schreiben kann, wenn ich lange Zeitfenster ohne jegliche Ablenkung zur Verfügung habe.

Hat’s funktioniert? Natürlich nicht. Ablenkungen habe ich auch während langen Zeitfenstern gefunden und das Schreiben hat nach Wochen der Schreibabstinenz weh getan wie der erste Besuch im Fitnessstudio nach einer zu langen Auszeit. Aber trotzdem war ich mit meiner Vorstellung nicht allein – fast alle in meinem Umkreis haben nach dem gleichen Prinzip (nicht) geschrieben.

Und dann bin ich über eine Studie über Schreibproduktivität von Robert Boice gestolpert, die (für meinen damaligen Geschmack viel zu) deutlich zeigt, dass erfolgreiche Autor:innen in kurzen aber regelmäßigen Zeitabschnitten schreiben.

Boice beobachtete für 10 Wochen drei Gruppen von Schreibenden:

a) solche, die nur schrieben, wenn sie das Bedürfnis dazu verspürten
b) solche, dies in täglichen anberaumten Schreibsitzungen jedoch nur dann schreiben sollten, wenn sie Lust dazu hatten
c) solche, die sich zum täglichen Schreiben verpflichtet hatten.

Das Ergebnis war eindeutig. Die Teilnehmenden der Gruppe

a) schrieben im Schnitt 0,2 Seiten täglich und hatten eine neue Idee in der Woche
b) schrieben täglich 0,9 Seiten und hatten auch eine neue Idee wöchentlich
c) schrieben täglich 3,2 Seiten und hatten zudem jeden Tag noch eine neue Idee.[1]

Die Studie zeigt zudem, dass tägliches Schreiben nicht nur zu mehr Text, sondern auch zu mehr kreativen Ideen führt. Auch das fand ich gut – keine große Überraschung, dass ich in der Gruppe c) mitspielen wollte.

Nach ein paar Tagen – und fest verpflichtenden Terminen in meinem Kalender – ging das Schreiben plötzlich einfacher und wurde viel produktiver.

Hier bei uns im Kompetenzzentrum Schreiben – für Frauen in der Wissenschaft gehört deswegen (quasi-)tägliches Schreiben zu den wichtigsten Elementen des Konzepts. Neben gutem Zeitmanagement natürlich, denn was nicht im Kalender steht, das passiert auch meistens nicht.

Wer wagt sich mal an tägliches Schreiben ran?

Ich empfehle 30-60 Min (aka 1-2 pomodoro), idealerweise 5 Tage/Woche. Unser Montagsschreibtreff ist ein guter Weg mal auszuprobieren, wie man eine Stunde Schreiben in den Tag einbauen kann. Mehr Minuten sind toll, mehr Tage auch, aber Fortschritt entsteht durch gute Gewohnheiten und gute Strukturen, nicht durch Arbeiten bis zur Erschöpfung.

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